Gedanken zum 2. Fastensonntag, 28. Februar 2021: Das Hungertuch von 1992 – Via Crucis Latinoamericano
Das Hungertuch von 1992 – Via Crucis Latinoamericano
Neulich erreichte mich zum ersten Mal die Nachricht vom Tod eines Menschen an Corona, den ich gut gekannt hatte. Eine Nachricht aus Argentinien, wo ich ein Jahr als Freiwilliger war: Nano ist gestorben. Nano, das war der blinde Diakon, an dem mich von Beginn faszinierte, dass er sein Brennholz selbst spaltete. Dass er regelmäßig ins Krankenhaus ging, um die Kranken zu besuchen. Dass er Padre Martin, den Pfarrer dort zu den Indigenen auf dem Land mit der Gitarre und seiner tiefen bodenständigen Frömmigkeit begleitete. Auf einem Video, das ich von damals habe, spielt er Gitarre in der kleinen Kirche von Las Coloradas und bereitet die Sonntagsmesse vor, indem er einfach mit den Leuten schon mal ein paar Lieder singt.
In dieser kleinen Kirche hing das Hungertuch aus dem Jahr 1992. Nano wusste garantiert, dass mit Romero und Angelelli, den zwei Geistlichen links von Jesus, zwei Bischöfe darauf dargestellt sind, die wegen ihrer Solidarität mit den Armen in Lateinamerika ermordet wurden. Und er fügte sicher für sich noch seinen verehrten Don Jaime hinzu: Den Bischof, der ihn zum Diakon geweiht hatte, der sich unermüdlich für die Rechte und das Leben der Indigenen in seiner Diözese einsetzte. Für Nano und auch für Padre Martin war und ist dieses Bild Motivation:
Das Leben, die Pastoral auf dem Land mit den Indigenen ist nicht einfach, besonders wenn man auch mal die Rechte der Indigenen gegenüber der Politik einfordert. Aber es ist Christus, der diesen Weg der Gerechtigkeit mitgeht, der uns unter den Armen begegnet als der Auferstandene, der Kraft gibt.
Die Fastenzeit will unseren Blick weiten, gerade in Coronazeiten: Die Armen (auch weltweit) nicht vergessen! Fasten macht nur Sinn, wenn wir dabei sensibel werden für die Leidenden der Welt, wenn wir durch das Fasten die Augen geöffnet kriegen – und solidarisch werden mit den Armen. Um Christus, dem Gekreuzigten zu begegnen, sein Leiden mitzutragen. Und zu erfahren, dass Auferstehung nicht etwas ist, was erst nach unserem Tod beginnt.
Bild: http://dioseslocos.org
Vikar Michael Schönball